« Neue Aromen aus Südafrika, Argentinien und Co. »
Die Welt der Weine liegt uns allen zu Füßen. Längst sind es nicht allein die europäischen Klassiker, die mit ihren Aromen und Bouquets begeistern. Weine aus Übersee sind alltäglich, Erzeugnisse aus Südafrika oder Argentinien keine exotischen Ausnahmen. Grund genug, sich auf eine kleine Weinweltreise zu begeben. Was steckt hinter Rotweinen, Weißweinen und Rosés aus Übersee?
Wein aus Übersee: Der Ursprung liegt in Europa
Die Herkunft von Wein ist im Detail genauso vielfältig wie seine Aromen. Übergeordnet unterscheidet man zwischen der Neuen Welt und der Alten Welt – Begriffe, die vielen aus der Seefahrt geläufig sind. Sie beziehen sich auf Zeiten, als noch ein anderes Weltverständnis vorherrschte und europäische Entdecker den amerikanischen Kontinent erschlossen. In der Weinwelt bezeichnet die Neue Welt allerdings nicht nur Amerika. Auch Australien, Südafrika oder Neuseeland gehören dazu. Zur Alten Welt gehören die klassischen europäischen Weinländer wie Frankreich, Italien, Spanien oder Deutschland. Zwar könnte man zeitlich noch weiter zurückgehen und sagen, dass einige vorderasiatische Länder und Nahoststaaten einst eine deutlich ältere Weintradition hatten. Für den Weltmarkt haben entsprechende Regionen aber mittlerweile wenig Bedeutung. Die Weintradition Europas ist es, die ihren Weg in die Welt gefunden hat. Und aus der Ferne kommen wiederum köstliche Weinerzeugnisse zu uns zurück.
Weinbau wird weltweit bevorzugt in gemäßigten Zonen betrieben. Dabei muss das gesamte Terroir passen: Sonne, Wärme, Niederschlag und die Böden sind wichtige zusammenspielende Faktoren für die Weinqualität. Annähernd perfekte Bedingungen haben europäische Seefahrer bereits 1659 am Kap der guten Hoffnung, im heutigen Stellenbosch, gefunden. Dies war die Geburtsstunde für südafrikanischen Wein. Hier, wo Pazifik und Atlantik aufeinandertreffen wird das Meer nie wärmer als 20 Grad. Die gesamte Küstenregion weist ein Klima mit einer Durchschnittstemperatur/Jahr von 16,2 Grad auf. Geschuldet ist dies dem Benguelastrom. Diese Meeresströmung kommt von der Arktis an die Küste des Landes und mildert das Klima ab. Genau das braucht eine Rebe. Die Trauben produzieren lange und stressfrei Zucker, ohne extremer Hitze ausgesetzt zu sein und wertvolle Säuren zu verlieren.
Der französische Einfluss auf den Weinbau in Stilistik und Art ist nicht zu übersehen. Die Barriquereifung für Rotwein aus Südafrika nimmt einen hohen Stellenwert ein. Aus ihr gehen voluminöse und ausdrucksstarke Cabernets, Shiraz und Merlots hervor. Alle diese wunderbaren Weine aus Übersee brechen zwar aus dem uns gewohnten Geschmacksmuster der europäisch angebauten Erzeugnisse aus, sind ihnen in der Grundausrichtung jedoch ähnlich. Sie wachsen aufgrund ihres Ursprungs üppiger, sonnenreicher auf. Vor allem sind sie vom idealen Klima geprägt, das weder Hitzestress noch Fröste kennt.
Weltbekannt: die Region Stellenbosch
Die Kap-Region Stellenbosch ist also die Wiege des Weinbaus in Südafrika und das weltweite Aushängeschild des Landes. Dort befinden sich über 120 Weingüter mit rund 15.000 h Anbaufläche. Auf einer Höhe von bis zu 600 m inmitten der eindrucksvollen Boland Berglandschaft entstehen sehr gute südafrikanische Weißweine und Rotweine. Cabernet Sauvignon, Merlot, Chenin Blanc und Sauvignon Blanc gehören zu den europäischen Rebsorten, die dort angebaut werden. Darüber hinaus hat Südafrika seine eigene Weinrebe: Pinotage. Eine Kreuzung aus Pinot Noir und Cinsault.
Ein Kleinod unter den regionalen Weingütern ist Longridge, die Heimat vom Pinotage, welcher sogar den britischen Weinmeister Tim Atikin begeistert hat. Lange Zeit haben Exportverbote unter der Apartheid-Regierung die Ausfuhr untersagt. Aber seit 1990 kommen wir in Europa in Genuss dieser Weine aus Übersee. Zum Glück.
Wein aus Argentinien: Genuss aus den Anden
Schauen wir uns weiter in Übersee um und richten den Fokus auf Argentinien. Bis in die späten 1990er Jahre hinein produzierte das Land meist einfache Weine in großen Mengen, die ihren Absatz im Land selber fanden und in jeder Bodega zum Standard gehörten und gehören. Erst in den 1990er Jahren bemühten sich einzelne Winzer darum, besonders hochwertige Weine zu kreieren, die dann auch auf dem Exportmarkt für Nachfrage sorgten. Ausnahmewinzer, wie Chefwinzer José Galante von der Bodegas Callia sind die treibende Kraft dieser Entwicklung. Die Bodegas Callia in San Juan ist der Ursprung besonderer Übersee-Weine, die auch in Europa ihren Anklang finden.
Der studierte Önologe José Galante zählt zu den besten Winzern des Landes. In San Juan, hat er in der wüstenartigen Landschaft ein Paradies für die ihm anvertrauten Reben geschaffen. Die von Andenschmelzwasser versorgten Böden, seine modernen, aber schonenden Methoden im Weinberg und Keller sind einige der Geheimnisse seines Erfolges. Sein Ziel: den besten Syrah des Landes zu erzeugen. Das hat er unserer Meinung bereits jetzt erreicht. San Juan bietet dem Syrah ideales Terroir. Der in seiner Struktur weiche und fruchtbetonte Rotwein aus Argentinien besticht bereits in der beliebten Callia Alta Serie durch voluminöse Fruchtaromen. Diese Aromen lassen schon erahnen, wie grandios die im Barrique ausgebaute Callia Magna Serie oder das Flaggschiff der Bodega, der Grand Callia, ausfallen. Fruchtig kommen auch viele argentinische Roséweine daher. Etwa der Callia Alta Syrah Rosé.
Neu ist der Weinbau in San Juan nicht. Das nördlich von Mendoza gelegene Anbaugebiet wurde bereits Mitte des 15. Jahrhunderts für den Anbau von Weinreben genutzt. Das Klima ist kontinental und äußerst trocken. Dass dennoch eine Weinkultur möglich ist, liegt an den Flüssen San Juan und Jachal sowie an ausgeklügelten Bewässerungssystemen. Aber auch die durchschnittliche, das Klima mildernde, Höhenlage kommt den Reben zugute. Auch wenn argentinischer Weißwein nur noch selektioniert und gezielt angebaut wird und die Exportzahlen zu Gunsten der Rotweinzahlen fallen, sollte man den südamerikanischen Chardonnay nicht unterschätzen.
Wein aus Übersee ist immer ein bisschen anders
Wein aus Übersee spiegelt im Großen und Ganzen die europäischen Sorten wider. Allerdings gibt es dann doch gewisse Unterschiede zu den uns bekannten europäischen Rotweinen und Weißweinen. Wer zum Beispiel einen französischen Syrah mit verbundenen Augen erkennt, kann bei einem Shiraz (so wird der Syrah in Südafrika genannt) oder bei der argentinischen Variante ins Wanken geraten. Die bekannten Geschmacksmuster sind zwar vorhanden, erscheinen aber viel breiter und üppiger. So schaffen uns Übersee-Weine aromatisches Neuland, das sich von unseren üblichen Geschmacksmustern abhebt und das gesamte Spektrum genussvoll bereichert.
Für Fans von Chardonnay, Sauvignon Blanc oder Chenin Blanc sind Übersee-Weißweine aus Argentinien oder Südafrika ein Highlight. Der Weißwein, oft im Barrique ausgebaut, ist weltweit beliebt und spiegelt einen Hauch Exotik wider, der uns sofort von Urlaub träumen lässt. Und das beste ist: Diese Erzeugnisse sind oftmals nicht teuer, sondern zu einem fairen Preis-Leistungsverhältnis erhältlich.
Kein Entweder-Oder, sondern eine Ergänzung
Wein aus der Neuen Weinwelt, sei er aus Südafrika, Argentinien oder anderen klimatisch gut aufgestellten Ländern, ist zur festen Größe auf dem europäischen Weinmarkt geworden. Ihm fehlt zwar eine mehr als tausendjährige Weinkultur, den Quereinstieg haben sie jedoch souverän geschafft. Moderne Technologie, zeitgemäße Kellertechnik und unermüdlicher Fleiß sind die Eckpfeiler des Erfolges. Weine der Alten Weinwelt, also europäischer Weißwein, Rotwein und Rosé werden in ihrer Art und Ausführung immer eine feste Größe darstellen. Eine Konkurrenz zwischen ihnen und den Übersee-Erzeugnissen besteht nicht. Vielmehr ergänzen sich beide und eröffnen völlig neue Genusswelten, die es zu entdecken lohnt.
Eines kann man auf jeden Fall sagen: Die Welt des Weins ist im Wandel. Durch Globalisierung und den Klimawandel ändern sich die Bedingungen für Reben, Anbau, Ausbau und Handel stark. So finden auch Rebsorten, die sonst etwas wärmere Temperaturen bevorzugen, ihre Heimat in ursprünglich kühleren Regionen wie Deutschland. Man kann also sagen: Global gesehen inspiriert sich die Weinkultur gegenseitig. Das ist der Grund, warum wir auch künftig immer wieder mit neuen köstlichen Erzeugnissen rechnen können.