Kranke-Weinrebe - Wie der Klimawandel den Weinbau beeinflusst
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Wie der Klimawandel den Weinbau beeinflusst

Der Klimawandel ist das Problem unserer Zeit, das sich in vielen Bereichen des Lebens deutlich bemerkbar macht. Hitze und Wetterextreme wirken sich auf verschiedene Industrie- und Landwirtschaftszweige aus – so auch auf die Herstellung von Wein. Wie der Klimawandel den Weinbau genau verändert und worauf sich Winzer und Winzerinnen einstellen müssen, das betrachten wir etwas näher.

Welche Folgen hat der Klimawandel für den Weinbau?

Dass wir es durch den Klimawandel mit einer realen Bedrohung des aktuellen Ist-Zustandes zu tun haben, zeigt sich deutlich an Weinreben. Diese reagieren sehr sensibel auf klimatische Veränderungen. Es geht hier nicht um schlechte oder gute Weinjahre, denn die gab es immer schon. Und auch einzelne Unwetter gehören zu den normalen Risiken von Winzern und Winzerinnen. Es sind die dauerhaften Veränderungen, die gehäuften Extremwetter und die kontinuierlich zunehmende Erderwärmung, die Wein zu schaffen machen. Die Klima-Spirale dreht sich beständig und somit wirkt sich der Klimawandel direkt auf den Weinbau aus. Zahlreiche Weinbaugebiete verzeichnen Extremwetter mit Überschwemmungen, Dürren und Reben, die den einhergehenden Schädlings – und Pilzbefall nicht überleben. Fest steht: Der Weinanbau muss einen Wandel erfahren, damit die Lese und die Herstellung weiterhin erfolgreich bleiben.

Überflutung Neckar bei Neckargemünd - Wie der Klimawandel den Weinbau beeinflusst
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Wie sieht der Weinbau Zukunft aus?

Dass Handlungsbedarf besteht, steht außer Zweifel, wie jüngst an dem traurigen Beispiel Ahrtal zu sehen war. Um sich dem Wandel anzupassen, ist der Umbau bzw. eine Umstrukturierung der Anbauflächen und eine angepasste Rebenauswahl für den Wein notwendig. Daran arbeitet die Wissenschaft bereits seit Jahren durch die Vorausberechnung von geografisch fokussierten klimatischen Veränderungen. Feldversuche, wie seit 2014 in Geisenheim an dem weltweit anerkannten Institut für Weinbau, simulieren den Kohlenstoffgehalt der Luft im Jahre 2050. Hierbei werden herkömmliche Reben im Freiland einem um 20 Prozent erhöhten Kohlenstoffgehalt ausgesetzt. Die Beobachtungen und Messungen ermöglichen relativ genaue Voraussagen, wie die Rebe im Jahr 2050 aussehen muss, um uns weiterhin attraktive Rotweine und Weißweine zu bescheren. Es wird an Züchtungen und Klonen gearbeitet, die resistent gegen Pilzbefall und Schädlinge sind.

Jemand erntet eine Weinrebe - Wie der Klimawandel den Weinbau beeinflusst
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In Zeiten des Klimawandels den Weinbau optimieren

Die häufig kursierende Regel, dass Weine aus Hanglagen besser sind, basiert auf der simplen Tatsache, dass eine in Richtung Sonne geneigte Fläche sich schneller erwärmt und kalte Luft zügig abführt. Traditionell sind diese Hanglagen horizontal bepflanzt. Diese Jahrhunderte alte Methode ist jedoch heute kontraproduktiv, da der Klimawandel fortschreitet und während Extremwetterlagen starke Regenfälle die Böden wegschwemmen. Anderseits ist es so, dass die Reben während der Dürreperioden nicht mit ausreichend Wasser versorgt werden.

Änderungen bei den Hängen

Die Bepflanzung der Zukunft wird in den Hanglagen sicher horizontal erfolgen, um durch den Klimawandel zunehmend starken Regenfällen entgegenzuwirken. Die bei uns vertikale Anordnung der Weinreben ist der Hanglage und der Sonneneinstrahlung geschuldet, die zwar eine hohe Besonnungsrate garantiert, welche aber mit fortschreitenden, immer längeren Sommerperioden nicht mehr erforderlich ist, um einen optimalen Fruchtstand zu erzielen. Ein Paradebeispiel für horizontale Rebanlagen in Tälern und Hängen ist das Duoro Tal in Portugal. Hier entstehen Weine höchster Güte. Duoro Rotweine und Weißweine aus dem Duoro Tal gehören zu den Aushängeschildern der portugiesischen Weinkultur.

Das Douro-Tal in Portugal
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Die Grundlagen des ökologischen Weinbaus

Ökologischer Weinbau in Zeiten des Klimawandels erfolgt ohne den Einsatz chemisch-synthetischer Substanzen. Ziel ist es, die Umwelt möglichst wenig zu belasten. Dieser Ansatz verlangt, keinen Mineraldünger zu nutzen, sondern nur Humus, Kompost und andere organische Mittel einzusetzen. Auch beim Pflanzenschutz wird darauf verzichtet, einen chemischen Rundumschlag auszuführen. Macht sich Unkraut im Weinberg breit, dann wird dies ausschließlich mechanisch entfernt. Um das Bodenleben und die Artenvielfalt in den Weinbergen möglichst gut zu erhalten, werden die Berge zwischen den Rebzeilen begrünt. Weingüter wie Knauß und Klopfer arbeiten nach solch einer nachhaltigen Weinwirtschaft. Das Prinzip wird künftig noch bedeutsamer für viele weitere Betriebe.

Weingut Bischel - Die Weine von den Runkel Brüdern

Die Rebenwanderung beginnt

Wir werden aufgrund des Klimawandels im Weinbau auch eine geografische Verlagerung von Weinreben erleben. Rebsorten, die man bisher nur aus dem südlichen Europa kannte, werden in zunehmendem Maße auch in nördlichen Weinregionen angepflanzt, wo sie herrlich gedeihen. In nördlichen Ländern wie England, Skandinavien etc. wird der Weinbau mittlerweile recht erfolgreich betrieben und erfreut sich einer positiven Tendenz bei Investoren. In Belgien, einem Land ohne bedeutende Weingeschichte, entstehen bereits heute herrliche Schaumweine – Crémants, die selbst die französischen Nachbarn in der Champagne in Staunen versetzen.

Weinanbau in Voeren, Limburg, Belgien
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Eine südliche Rebsorte, die sich mittlerweile in unseren Gefilden befindet, ist Syrah. Ursprünglich aus Spanien stammend wird sie bereits von deutschen Weingütern wie dem Weingut Knipser bedient, um tolle Pfälzer Rotweine zu erzeugen.Und natürlich werden auch neue Weinreben gezüchtet. Beispielhaft für eine Neuzüchtung ist Cabernet Blanc. Ziel bei solchen Züchtungen ist es, die Pilzwiderstandsfähigkeit zu steigern, um Spritzmittel zu sparen.

Weltklasse Weine aus der Pfalz: Weingut Knipser

Das Deutschland Motto heißt: Kühle gerne – Hitze unerwünscht – Wärme unabdingbar

Der Weinanbau in Europa konzentriert sich vom 40. bis zum 50. Breitengrad. In dieser Bandbreite haben sich Rebsorten etabliert, die sich bei einem stabilen Klima bewährt haben. Die alte Binsenweisheit, Rotwein im Süden, Weißwein im Norden hatte lange seine Berechtigung. Seit dem spürbaren Klimawandel jedoch hat sich im Weinbau einiges geändert. Mediterrane Rotweine ziehen in nördliche Weinbaugebiete ein und gedeihen prächtig. Tempranillo, Cabernet, Garnacha oder Syrah sind nur einige Beispiele für wärmeresistente Rebsorten, die den Weinbau in Deutschland verändern und verbessern werden. Die Niederschlagsmengen haben sich hierzulande fast halbiert. Die typischen Landregen, den jede Lage brauchte, um den Reben ausreichend Wasser zuzuführen, sind seltener geworden und dem Extremwetter gewichen. Weißweine aus Deutschland und deutsche Rotweine müssen sich dem anpassen.

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Deutschland wird von Regenmassen überschüttet, die von den Böden oder natürlichen Abflüssen gar nicht mehr aufgenommen werden können. Die Folge sind Überschwemmungen in den Tälern und anderseits Dürre in den Bergen und Hanglagen, denen wertvolle Böden weggeschwemmt werden, da diese die gigantischen Wassermassen weder aufnehmen noch in tieferen Lagen speichern können. Diese Schlamm- und Gerölllawinen bahnen sich ihren Weg in und durch die Talgegenden, wo sie ihr zerstörerisches Werk fortführen, bis ihre Energie, die von andauernden Regenmassen weiter befeuert wird, langsam versiegt. Jüngste Ereignisse wie im Ahrtal und auch in anderen Regionen Deutschlands, haben uns drastisch aufgezeigt, welche verheerenden Folgen der Klimawandel nicht nur für den Weinbau nach sich zieht.

Allerdings wird Wein nicht nur durch zu viel Wasser bedroht. Viele Weinbauregionen, besonders im Süden Deutschlands, leiden paradoxerweise unter Wassermangel in den Weinbergen, so dass man über eine Bewässerung nachdenken muss. Späte Frostperioden folgen immer häufiger einem warmen Frühling, der die Knospen austreiben lässt, die dann in kurzer Zeit erfrieren. Die Winzer und Winzerinnen lenken dem Desaster mit geschickten Schnitttechniken und Erwärmung der Rebanlagen durch den Einsatz fossiler Brennstoffe oder gar dem Einsatz von Hubschraubern entgegen. Die enormen Kosten dafür kann der Ertrag nicht ausgleichen oder rechtfertigen.

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Durch den Klimawandel steckt der Weinbau in einer Zwickmühle

Natürlich gibt es positive Aspekte in Weinbaugebieten, die bereits beim Wein umstellen: pilzresistente Weinsorten, robuste Sorten und Weinreben, die spät austrieben und denen Hitzeperioden nicht zu sehr zusetzen. Aber auch hier gibt es den berühmten Wermutstropfen. Viele Weinfans wollen ihren gewohnten Wein kaufen und trinken. Neue Erzeugnisse haben es erfahrungsgemäß anfangs schwer. Doch Mut für neue Wege kann sich auch auszahlen. Wer jetzt die Weichen für die Umstellung legt, behutsam an neue Weine heranführt, kann später davon profitieren. Wie man Bioweine in höchster Qualität herstellt, zeigt beispeilsweise das Weingut Theo Minges aus Flemlingen in der Südpfalz.

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Klimawandel und Weinbau: ein zusammenfassender Zukunftsausblick

Wir werden uns sicher noch einige Zeit an unseren gewohnten Weinen erfreuen. Dies sicherzustellen, wird in Zukunft immer schwieriger und kostenintensiver. Der Klimawandel macht sich beim Weinbau bemerkbar. Aber so, wie sich das Klima wandelt, verändert sich auch die Weinherstellung. Es wird neue Weinbaugebiete geben, die es zu erkunden gilt. Der Weinanbau hat in der Klimageschichte seinen Platz, er wird sich behaupten und vielleicht sogar in einigen Bereichen verbessern. Auf jeden Fall sollten wir experimentierfreudig bleiben und auch einem neuen Rotwein oder Weißwein die Chance geben uns zu überzeugen, ohne von den alten Werten abzurücken. Das Angebot wird bleiben. Die Palette wird sich verändern, es werden neue Weine hinzukommen, alte Rebsorten einen neuen Platz bekommen.

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Die Winzer und Winzerinnen werden auf die Folgen des Klimawandels reagieren. Sie werden der Dürre, den Überschwemmungen und dem Extremwetter mit Fleiß, Erfahrung und neuen Technologien entgegentreten und weiterhin für unseren Rotwein und Weißwein sorgen. Immer mehr Weingüter gehen außerdem zu einem ökologischen Weinanbau über. Nachhaltigkeit in der Weinwirtschaft zeigt sich darin, dass der ökologische Fußabdruck, wo es geht, reduziert wird. In diesem Zusammenhang nehmen die Anfahrtswege und einen hohen Stellenwert ein, die sich durch eine gewisse Regionalisierung des Weines reduzieren lassen. Weitere Stellschraube wäre die Weinflasche, die nachhaltiger gestaltet werden kann. Eine Option wäre die Umstellung auf Leichtglas, um CO2 einzusparen. Auch ein Mehrwegsystem für Weinflaschen ist denkbar.